InHerford | März 2020 EIGENTUM
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Wenn nämlich zumindest ein Wohnungseigentümer die Teilnahme
des Dritten gerügt hat, besteht das Risiko einer gerichtlichen
Anfechtung sämtlicher, auf der Versammlung gefassten
Beschlüsse und damit verbunden auch ein erhebliches Kostenrisiko.
Im Falle einer Beschlussanfechtung müsste die Eigentümergemeinschaft
darlegen und beweisen, dass sich die Teilnahme
der Gäste nicht auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt
hat, das heißt, dass die angefochtenen Beschlüsse auch ohne
die Teilnahme der dritten Person genauso zustande gekommen
wären (LG München I, s.o.). Dies ist ausgesprochen schwierig,
da natürlich auch Wortbeiträge und Argumente im Vorfeld einer
Abstimmung und im Einzelfall sogar die reine Anwesenheit Dritter
sich beeinflussend auf das spätere Abstimmungsverhalten
und damit auch auf das Ergebnis der Abstimmung auswirken
können.
Wenn Sie selbst einen oder mehrere Beschlüsse wegen
Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit anfechten
möchten, beachten Sie bitte, dass eine gerichtliche
Beschlussanfechtung nur innerhalb eines Monats nach der
Versammlung (nicht: nach Zugang des Versammlungsprotokolls)
möglich ist. Anderenfalls bleiben die Beschlüsse trotz des
möglicherweise vorliegenden Verstoßes rechtswirksam. Eine
außergerichtliche Beanstandung, z. B. durch ein Schreiben an
die Hausverwaltung, reicht zur Wahrung der gesetzlichen Anfechtungsfrist
hingegen nicht aus.
Tipp
Bitte prüfen Sie als Wohnungseigentümer Ihre Teilungserklärung
darauf, ob sie Teilnahme- und Vertretungsregelungen enthält.
Diese können, gerade bei engen und streitigen Beschlussgegenständen,
noch sehr wichtig für Sie werden. Bei Unklarheiten
beraten wir Sie gern.
Geplante Gesetzesänderungen
Im Zuge der für 2020 geplanten Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes
soll die Wohnungseigentümerversammlung
als zentraler Ort der Entscheidungsfindung aufgewertet werden.
In diesem Rahmen soll es Wohnungseigentümern ermöglicht
werden, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, insbesondere
indem die Online-Teilnahme an Versammlungen und die
elektronische Beschlussfassung gestattet werden. Auch sollen
Eigentümerversammlungen zukünftig stets beschlussfähig sein
und zwar unabhängig davon, wie viele Eigentümer tatsächlich
präsent sind. Dementsprechend könnten selbst dann Beschlüsse
gefasst werden, wenn z. B. nur zwei von insgesamt zehn
Wohnungseigentümern an der Versammlung teilnehmen oder
sich vertreten lassen. Der aktuell vorliegende Referentenentwurf
sieht außerdem vor, dass bauliche Veränderungen zukünftig
im Regelfall mit einfacher Mehrheit der in der Versammlung
anwesenden oder wirksam vertretenen Wohnungseigentümer
beschlossen werden können, während aktuell bei solchen Maßnahmen
die Zustimmung aller durch die Maßnahme beeinträchtigten
Eigentümer erforderlich ist. Es bleibt abzuwarten, ob und
inwieweit die geplanten Änderungen tatsächlich in das neue
Gesetz einfließen. Es wird aber nach Inkrafttreten des Gesetzes
noch wichtiger als schon bisher sein, dass Sie als Wohnungseigentümer
an den Eigentümerversammlungen teilnehmen, ihr
Stimmrecht ausüben oder sich in diesen Rechten zumindest
wirksam vertreten lassen. Anderenfalls riskieren Sie, dass Entscheidungen
wirksam über ihren Kopf hinweg getroffen werden.
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