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InHerford | September 2018 RECHT 21 schreitung auszugehen ist, hat der Gesetzgeber leider nicht geregelt. Die bisherige Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass eine Kostenüberschreitung von 10 bis 20 % im Regelfall noch als unwesentlich anzusehen ist. Hierbei betrachten die Gerichte jeweils den Einzelfall. Liegt die Überschreitung des Kostenvoranschlages danach im unwesentlichen Bereich, kann der Unternehmer die erbrachten Leistungen ganz normal abrechnen. Der Kunde muss die sich daraus ergebende Mehrzahlung im Regelfall akzeptieren. Zeichnet sich jedoch während der Arbeiten ab, dass der Rechnungsbetrag wesentlich, d. h. um mehr als 20 % höher ausfallen wird als der Kostenvoranschlag, muss der Unternehmer gemäß § 650 Abs. 2 BGB den Besteller des Werkes, d. h. den Auftraggeber, unverzüglich über die Entstehung der Mehrkosten informieren. Der Kunde hat dann zwei Möglichkeiten: Er kann den Werkvertrag außerordentlich kündigen (§ 650 BGB) und muss dem Handwerker dann nur die Arbeiten und Auslagen bezahlen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits erledigt bzw. angefallen sind. Entscheidet er sich gegen sein Kündigungsrecht und lässt den Handwerker trotz der Information über die Mehrkosten weiterarbeiten, so muss er später die gesamte (höhere) Rechnung bezahlen und kann sich auf die wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlages nicht mehr berufen. Schadenersatz bei fehlender Information In der Praxis ist es allerdings häufig so, dass die Firma den Kunden nicht über die bevorstehende Überschreitung informiert. Der Auftraggeber erfährt von den erhöhten Kosten dann meist erst nach Fertigstellung durch Vorlage der Rechnung. Verletzt der Unternehmer seine Informationspflicht, macht er sich dem Kunden gegenüber schadensersatzpflichtig. Dieser ist so zu stellen, als wäre die Meldung rechtzeitig erfolgt. Die Gerichte lösen solche Fälle häufig, indem sie dem Unternehmer nur die Summe des Kostenvoranschlages sowie die zulässige Überschreitung zugestehen. Voraussetzung für einen solchen Schadensersatzanspruch ist aber zum einen, dass die Überschreitung der zunächst veranschlagten Stunden oder Materialien nicht auf Veranlassung des Kunden selbst zurückzuführen ist. Dies wäre z. B. der Fall, wenn der Kunde während der Ausführung der Arbeiten Änderungswünsche äußert. Zum anderen setzt der Schadensersatzanspruch voraus, dass dem Kunden tatsächlich ein Schaden im wirtschaftlichen Sinne entstanden ist, die Arbeiten also bei pflichtgemäßem Verhalten des Handwerkers anderweitig billiger hätten erledigt werden können (OLG Celle, NJW-RR 2003, 1243). Ein solcher Nachweis ist in der Praxis meist nur schwer zu erbringen. Hilfreich sind in solchen Fällen aussagekräftige Angebote oder Kostenvoranschläge, die im Vorfeld der Maßnahme von anderen Werkunternehmern eingeholt wurden. Keine Informationspflicht bei offensichtlicher Verteuerung Der Unternehmer muss über die Kostenerhöhung nicht vorab informieren, wenn die Gründe für die deutliche Kostensteigerung im Einzelfall selbst für einen Laien ohne besonderen Hinweis erkennbar sind, z. B. weil sich während der Bauarbeiten vor Ort erkennbar andere Umstände und Verhältnisse zeigen, als dies bei Erstellung des Kostenvoranschlages der Fall war (OLG Saarbrücken, 2 U 172/13). Tipps für Hauseigentümer Bei Beauftragung von Arbeiten auf dem Grundstück sollten Sie versuchen, einen Festpreis zu vereinbaren oder sich eine Preisobergrenze nachweislich garantieren lassen. Lässt sich der Unternehmer nicht darauf ein, weisen Sie bitte ausdrücklich darauf hin, dass Sie über jede Kostensteigerung im Ausmaß von mehr als 10 % unbedingt im Vorfeld informiert werden möchten. Bei nachträglichen Auftragserweiterungen bzw. Auftragsänderungen bitten Sie um einen neuen schriftlichen Kostenvoranschlag. Informiert Sie der Unternehmer über eine zu erwartende Kostensteigerung, lassen Sie sich diese Information schriftlich unter Benennung der nunmehr zu erwartenden Kosten geben. Falls Sie ohne vorherige Information eine Handwerkerrechnung erhalten, die den ursprünglichen Kostenvoranschlag um mehr als 20 % überschreitet, reklamieren Sie dies gegenüber dem beauftragten Unternehmen sofort, beanstanden die Verletzung der gesetzlichen Informationspflicht und kündigen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Zur Vermeidung eines Rechtstreits und des damit verbundenen Prozesskostenrisikos macht es meist Sinn, dem Unternehmen den ursprünglich veranschlagten Betrag zzgl. eines maximal 20 %-igen Aufschlages anzubieten. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die beauftragten Arbeiten fachgerecht und ohne Mängel ausgeführt wurden. Bei Problemen mit Handwerkeraufträgen rund um Ihre Immobilie können Sie sich im Einzelfall als Mitglied gern an unsere Vereinsgeschäftsstelle wenden. ■ Der Kostenvoranschlag ist häufig für die Beauftragung eines bestimmten Handwerksbetriebs entscheidend. Allerdings stellt er keine verbindliche Preiszusage dar. © K.-P. Adler – stock.adobe.com © agrarmotive – stock.adobe.com


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