BAUEN Oktober 2020 | InHerford
Baumängel richtig rügen
Nachbesserung auch später oft die beste Lösung
Nicht nur auf Schuhe oder Autos, sondern auch auf Häuser
gibt’s „Garantie“. Sie heißt korrekt Gewährleistung und dauert
bei privaten Bauherrenvorhaben in der Regel fünf Jahre, erinnert
der Verband Privater Bauherren (VPB). Weil sich viele Mängel
erst nach und nach zeigen, hat der Gesetzgeber bei Arbeiten an
Bauwerken und Planungsleistungen für diese eine verlängerte
Gewährleistungsphase vorgesehen. Die fünf Jahre beginnen
mit der Abnahme.
Typische Schäden, die oft erst einige Zeit nach dem Einzug
sichtbar werden, sind beispielsweise feuchte Kellerwände oder
Fliesen, die von der Wand fallen. In solchen Fällen rügen die
Bauherren den Mangel beim Unternehmer und setzen ihm eine
angemessene Frist, um die Schadensursache zu beseitigen.
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„Das ist das sogenannte primäre Mängelrecht auf Nachbesserung
des Werks“, erklärt VPB-Vertrauensanwalt Holger Freitag.
„Kommt der Unternehmer der Aufforderung nicht fristgemäß
nach, dann eröffnen sich den Bauherren sekundäre Mängelrechte.
Eines der attraktivsten Mängelrechte war früher das
Recht auf Schadensersatz statt Leistung, also auf Geld statt
Nachbesserung des Mangels.“
Diese Option sagte vor allem Bauherren zu, die bereit waren, mit
einem bestimmten Mangel zu leben. „Sie konnten die kompletten
Kosten der Nachbesserung durch einen Drittunternehmer
verlangen und gegebenenfalls noch weitere Schadensposten
geltend machen, wie zum Beispiel die Übernachtung im Hotel
während der Sanierungsarbeiten. Dieses Geld konnten – und
durften – die Bauherren anschließend nach eigenen Wünschen
verwenden. Das geht heute nicht mehr“, konstatiert Holger Freitag:
„Der BGH hat der Praxis der fiktiven Schadensberechnung
2018 einen Riegel vorgeschoben – jedenfalls für Verträge, die ab
dem 01.01.2002 geschlossen worden sind.
Wer einen Mangel am auf eigenem Grund gebauten Eigenheim
nicht beheben lassen will, kann als Schaden nur noch die Wertminderung
verlangen, also die Summe, um die der Mangel den
Wert des Hauses reduziert. Aber: Der für Bauträgerverträge zuständige
V. Senat des BGH sieht das anders: Er hat im März
dieses Jahres beim VII. Senat angefragt, ob dieser an seiner
Rechtsprechung festhalten will. Hier könnte sich also wieder etwas
ändern.
Bis es so weit ist, sollten Bauherren aber sicherheitshalber davon
ausgehen: Für sie bleibt es bei der Wertminderung. Und
weil die tatsächliche Wertminderung in der Regel weit unter den
fiktiven Schadenskosten liegt, die Bauherren früher ansetzen
konnten, lohnt es sich unter diesem Gesichtspunkt in der Regel,
den Mangel tatsächlich beseitigen zu lassen, statt das Geld
zu kassieren und den Mangel zu ignorieren. Aber unabhängig
davon ist die Beseitigung natürlich immer dann sinnvoll, wenn
es sich bei dem gerügten Mangel um bauliche Fehler handelt,
die wahrscheinlich im Laufe der Zeit schlimmer werden, beziehungsweise
die Gesundheit und Sicherheit der Bewohner beeinträchtigen
können. Feuchte Wände etwa sind oft Vorboten
von Schimmel. „Manche Mangelsymptome scheinen harmlos,
haben aber gravierende Ursachen“, weiß Holger Freitag. „Bei
der Klärung der Frage, was die eigentliche Mangelursache ist,
brauchen Bauherren oft den fachlichen Rat des unabhängigen
Sachverständigen.“
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