MIETRECHT März 2019 | InHerford
So gesehen …
Verschärfung des Mietrechts wird das Wohnungsproblem nicht lösen
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Kommentar von Martina Wenzel,
Geschäftsführerin des VHWG Herford
Was würden Sie tun, wenn Sie ein Problem
hätten und erkennen müssten, dass
der von Ihnen seit Jahren beschrittene
Lösungsweg nicht zielführend ist? Weitermachen
und nur ein bisschen schneller
und mit kräftigerem Schritt laufen? Gerade dies geschieht
im Moment im Hinblick auf das in vielen Teilen Deutschlands
bestehende Wohnraumproblem.
Fest steht, dass es in vielen Regionen, insbesondere in den
Großstädten und Universitätsstädten, zu wenig bezahlbaren
Wohnraum gibt und insbesondere Familien und Personen mit
niedrigem und inzwischen auch mittlerem Einkommen Probleme
haben, passenden Wohnraum zu finden.
Dieses Problem hat sich seit vielen Jahren abgezeichnet und
die Politik hat versucht, mit aus heutiger Sicht ungeeigneten
Mitteln gegenzusteuern. Neben den allgemeinen mieterschützenden
Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es allein
in Nordrhein-Westfalen vier Landesverordnungen, die dem
Mieterschutz dienen, die jedoch aufgrund ihrer Befristung
regulär bis 2021 auslaufen.
Hiergegen formiert sich medienwirksam das Bündnis „Wir
wollen wohnen!“, bestehend aus Mieterbund, Verbraucherzentrale,
Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrts- und Sozialverbänden,
und beklagt einen dann drohenden „Kahlschlag beim
Mieterschutz“. Dabei wird leider übersehen, dass weder die
Kappungsgrenzenverordnung, die noch bis Ende Mai 2019
die Möglichkeit der Mieterhörung unter anderem in Paderborn,
Bielefeld, Rheda-Wiedenbrück prozentual begrenzt, noch die
Mietpreisbegrenzungsverordnung, die unter anderem in Bielefeld
und Paderborn bis zum 30. Juni 2020 vorschreibt, dass die
Miete bei Neuvermietungen maximal 10 % über dem ortsüblichen
Niveau liegen darf, spürbar Wirkung gezeigt haben. Auch
die Kündigungssperrfristverordnung, die den Mieter mit längeren
Fristen vor einer Eigenbedarfskündigung bei Umwandlung
von Mietwohnraum in Eigentumswohnungen schützt, und die
Umwandlungsverordnung, die den Kommunen die Möglichkeit
gibt, die Umwandlung in Eigentumswohnungen von ihrer
Genehmigung abhängig zu machen, haben zu keiner Entspannung
des Wohnungsmarktes in NRW geführt.
Wo vor diesen Verordnungen der Wohnraum knapp und teuer
war, hat sich die Situation gefühlt und statistisch belegt eher
verschlechtert.
Wird die Miethöhe zwangsweise gesenkt oder gedeckelt, führt
dies nicht dazu, dass finanziell schlechter aufgestellte Mieter
leichter Wohnraum finden. Natürlich wird sich auch in einer
solchen Situation der Vermieter aus den Interessenten denjenigen
aussuchen, der die beste Gewähr dafür bietet, die mietvertraglichen
Verpflichtungen zu erfüllen und die Miete aufbringen
zu können. Im Ergebnis bekommen so zahlungskräftige Mieter
einfach günstigere Wohnungen, während das Problem bestehen
bleibt. Gleichzeitig haben eine strengere Regulierung des
Mietwohnungsmarktes und eine Deckelung der Mieten zur
Folge, dass Vermieter Sanierungen und energetische Modernisierungen,
die aus Klimaschutzgründen politisch gewollt
sind, nicht oder erst deutlich später ausführen. Schließlich
kann nur Geld ausgegeben werden, das zuvor verdient wurde.
Hierneben zeigt sich, dass viele Eigentümer dann, wenn
das Vermieten schwieriger und weniger lohnenswert wird,
dazu neigen, ihr Eigentum zu veräußern. Für diejenigen, die
sich kein Eigentum leisten können, stehen dann noch weniger
Mietwohnungen zur Verfügung.
Radikale Eingriffe in den Mietmarkt bergen also das Risiko ungewollter
Nebenwirkungen für diejenigen, die man eigentlich
schützen will.
Konstruktive Lösungsansätze
Wer das Grundproblem langfristig lösen will, muss sich von
weitverbreiteten Klischees gedanklich trennen, insbesondere
von dem überwiegend unzutreffenden Bild vom armen Mieter
und reichen Vermieter. Nach einer Studie des Instituts der
deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) aus dem Jahr 2017 werden
hierzulande nämlich fünfzehn Millionen Mietwohnungen
und damit ca. 60 % aller Mietwohnungen am Markt überhaupt
von privaten Kleinvermietern angeboten. Mehr als die Hälfte
von ihnen nehmen damit weniger als 5.000,00 € pro Jahr ein,
nur bei knapp 20 % der Vermieter sind die Einnahmen höher
als 10.000,00 € im Jahr. Diese privaten Kleinvermieter, zu denen
auch die meisten unserer Vereinsmitglieder gehören, sind
Menschen, die ihre Immobilien geerbt oder die sie sich als Altersvorsorge
angeschafft haben. Sie leben nicht hauptsächlich
von Mieteinkünften und sind von ihrer Situation her überhaupt
nicht vergleichbar mit den großen, nur an Gewinnmaximierung
interessierten Wohnungsgesellschaften.
Die privaten Vermieter sind mächtige Akteure am Wohnungsmarkt,
die vermieten wollen, dies aber nur tun werden, wenn
es sich vom Verwaltungsaufwand und auch von der wirtschaftlichen
Seite her in irgendeiner Hinsicht rentiert. Es müssen gerade
für diese Akteure am Wohnungsmarkt Anreize geschaffen
werden, vermehrt in den Mietwohnungsbau zu investieren.
Hierfür sind Förderprogramme, entschlackte Bauvorschriften,
niedrigere Baulandpreise und ein allgemein entschlackter
Vorschriftendschungel erforderlich.
Die Politik möge bitte ihre Hausaufgaben machen und
1. nicht zielführende Verordnungen auslaufen lassen
2. noch vorhandene Vorschriften regelmäßig auf ihre Wirksamkeit
hin zu evaluieren und gegebenenfalls abschaffen
3. genügend erschwingliches Bauland für den Mietwohnungsbau
bereitstellen und dessen Errichtung angemessen
fördern und
4. die baulichen Standards, insbesondere für den nachträglichen
Ausbau von bislang nicht genutzten Dachgeschossen
und Souterrainbereichen, lockern, damit auch im Bestand
weiterer, dringend benötigter Wohnraum geschaffen wird.
Wenn die Politik ihre Hausaufgaben ordentlich macht, werden
auch die privaten Kleinvermieter, als deren Vertretung sich die
Haus- und Grundeigentümervereine traditionell sehen, wieder
gern und ohne Bauchschmerzen vermieten. ■
© Moritz Winde/HK